Notbremsassistent im Test

Notbremsassistent im Test

11. April 2020 Aus Von Jörg Nullmeyer

Jeder fünfte Unfall, den der Fahrer eines Transporters 2018 verursacht hat, ist auf zu geringen Abstand zurückzuführen. Dabei könnte über die Hälfte der Transporterunfälle mit einem Notbremsassistenten (Autonomous Emergency Braking System, AEBS) oder Spurhalteassistenten vermieden oder zumindest in ihrer Auswirkung begrenzt werden.

Geschwindigkeit & hohe Beladung

(Foto: ADAC)Das größte Problem dieser Fahrzeugklasse ist, dass Transporter überwiegend von Paketzulieferern und Handwerkern genutzt werden. Die Fahrzeuge sind oft voll beladen, nicht selten sogar überladen. Hinzu kommt, dass die Fahrer meist unter Zeitdruck stehen. Nachlässigkeit und hohe Geschwindigkeiten führen dann zu Unfällen. Umso wichtiger ist ein zuverlässiger Notbremsassistent, um Insassen und andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die EU hat daher die Ausstattung mit AEB-Systemen für neue Modelle ab Mitte 2022 zur Pflicht gemacht.

Auch wenn einige Faktoren wie eine hohe Geschwindgkeit bei den Reisemobilen keine besonders große Rolle spielen, ist das Gewicht ein kritischer Faktor. Nicht selten sind die Fahrzeuge der 3,5-Tonnen-Klasse überladen. Das gilt auch für die Kastenwagen.

Umfangreiche Tests

Der ADAC hat exemplarisch das Bremsverhalten eines Transporters mit automatisierten Notbremsassistenten in den folgenden Szenarien und in beladenem sowie unbeladenem Zustand untersucht:

  • Auffahren auf ein stehendes Fahrzeug
  • Auffahren auf ein vorausfahrendes Fahrzeug
  • Auffahren auf ein vorausfahrendes und verzögerndes Fahrzeug
  • Auffahren auf einen vorausfahrenden Radfahrer
  • Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger

Schlechtere Ergebnisse als bei PKW

Bei allen Szenarien konnte beobachtet werden, dass das Fahrzeug auf die Gefahr hin reagiert, aber die Ergebnisse weit unter denen von vergleichbaren Pkw liegen. Konnte beim Auffahren auf ein vorausfahrendes Fahrzeug das System noch überzeugen, zeigten sich beim stehenden Fahrzeug erste Schwächen und beim verzögernden Fahrzeug erst gar keine Reaktion mehr.

Beim Auffahren auf den Radfahrer konnte das Fahrzeug wieder überzeugen, der kreuzende Fußgänger bereitete dem Notbremsassistenten wiederum große Probleme. Hier scheint in Bezug auf die verbaute Technologie noch Nachholbedarf zu bestehen.

Schlechte Ergebnisse bei voller Beladung

(Foto: ADAC)Bedenklich ist allerdings, dass sich unter Ausnutzung der maximalen Beladung die Ergebnisse in allen Tests deutlich verschlechtern. Notbremsassistenten in Transportern sind für Fahrer und Verkehrsteilnehmer überlebensnotwendig, hier muss dringend nachgebessert werden, um auch bei unterschiedlichen Beladungszuständen dieselbe Sicherheit zu gewährleisten, aber auch an der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit besteht noch Nachholbedarf.

Von aktuell elf Transporter-Modellen auf dem Markt verfügt nur der MAN TGE über einen serienmäßigen automatisierten Notbremsassistenten. Bei acht Modellen hat sich das Produktmanagement der Hersteller dazu entschieden, diese Lebensretter nur gegen Aufpreis anzubieten. Für den Nissan NV 400 und den Opel Movano ist ein solcher Assistent aktuell gar nicht erhältlich.

Fazit

Insgesamt sind die Testergebnisse des ADAC wenig erfreulich. Kein Wunder also, dass der Club eine Verbesserung der Systeme schon vor der gesetzlichen Verpflichtung fordert. Besonders das Verhalten im beladenen Zustand muss verbessert werden. Gerade für Reisemobile und Kastenwagen beziehungsweise CamperVans ist dies der maßgebliche Wert. Außerdem fordert der ADAC die Hersteller auf, die Systeme als Serienausstattung anzubieten.

Weitere Infos: www.adac.de