Neue Zulassungsvorschriften für Fenster und Dachluken
1. April 2020Bereits seit geraumer Zeit beschäftigt sich der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlamentes mit einer Homologationsvorschrift für Fenster und Dachluken. Deren Einführung betrifft auch ältere Reisemobile. Jetzt liegt der neue Gesetzentwurf zur Abstimmung vor. Es ist davon auszugehen, dass die Vorschrift bereits in erster Lesung die Zustimmung des Parlaments findet.
Sicherheitsrisiko Fenster und Luken
Ein lange unterschätztes Sicherheitsrisiko bei Reisemobilen und Wohnwagen sind die Fenster und Dachluken. Die Vorschriften für die e-Zertifizierung enstanden in den Anfängen der EU. Damals waren Reisemobile noch schwach motorisiert. Fahrzeuge mit 72 oder 85 PS waren normal. Die Spitzenmotorisierungen lagen meist zwischen 95 und 115 Pferdestärken. Entsprechend gering waren die Höchstgeschwindigkeiten. Es bedurfte viel Anlauf um überhaupt die 100-km/h-Marke zu knacken. Spätestens um die 115 km/h war dann Schluss. Entsprechend den technischen Rahmenbedingungen wurden auch das Zubehör und die Anbauteile entwickelt.
Mit der Einführung des Fiat Ducato X250 kam es zu einem Quantensprung im Antrieb. 115 Pferdestärken waren das absolute Minimum, 150 oder 180 PS bei entsprechend gefülltem Geldbeutel kein Problem. Das Gleiche galt auch für Ford, Mercedes und Renault. Mit solchen Fahrzeugen lassen sich selbst mit Alkoven problemlos Geschwindigkeiten von über 140 km/h erreichen. Bei den alltagstauglichen Kastenwagen und Camper Vans sind sogar Geschwindigkeiten von 170 km/h und mehr möglich.
Fehlerhafte Homologation
Die Homologation der Fahrzeuge erfolgt vor dem Umbau. Die Höchstgeschwindigkeit wird vom Hersteller des Basisfahrzeugs ermittelt. Und genau hier liegt das Problem. Nach dem Umbau werden keine neuen Werte ermittelt. Dabei haben gerade die Dachluken häufig lediglich eine Freigabe bis zu 130 km/h. Nicht nur auf dem Autoreisezug nach Sylt hat der Fahrtwind schon Dachluken aus der Verankerung gerissen. Auch auf Autobahnen ist es schon zu zahlreichen Unfällen durch herumfliegende Plexiglashauben gekommen.
Ein weiteres Problem sind auch die sogenannten rahmenlosen Fenster. Sind sind einfach nur von außen vor die Fensteröffnung montiert. Zu erkennen sind sie an dem zirka einen Zentimeter breiten Spalt zwischen Fensterglas und Wand. Bei Überholen von Transportern oder LKW kann es zum Venturi-Effekt kommen. Durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen kommt es zu einem Sog, der die Fenster nach außen zieht. Der Fahrtwind kann dann hinter die Scheibe gelangen und sie aus der Halterung brechen. Bei Rahmenfenstern tritt dieses Problem nicht auf.
Austausch oder Nachrüstung
Nicht wirklich betroffen sind die Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Ihre gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt ohnhin nur 100 km/h auf Autobahnen. Selbst mit großen Reisemobilen unter 3,5 Tonnen ist man selten schneller als 120 km/h unterwegs. Um jedoch zukünftige Gefährdungen auszuschließen, will die EU die Vorschriften anpassen. Sofern der Hersteller Rahmenfenster verbaut hat und die Dachluken bis zur Höchstgeschwindigkeit zertifiziert sind, gibt es keine Probleme. Alle anderen Reisemobile ab Baujahr 2006 müssen entweder die Fenster und Dachluken entsprechend tauschen oder werden mit einem sogenannten Limiter ausgestattet.
Beim Limiter handelt es sich um eine Software, die die maximal fahrbare Geschwindigkeit begrenzt. Sind die Fenster und Luken nur bis 120 km/h freigegeben, wird ein ensprechendes Update in das Motorsteuergerät eingespielt. Bei 120 km/h ist dann Schluss. Ein Überschreiten der Geschwindigkeit ist dann nicht mehr möglich.
Überprüfung bei der HU
Wie der CIVD auf Nachfrage mitteilte, lassen sich solche Sperren problemlos nachrüsten. Die Kosten hierfür liegen bei rund 80 Euro – je nach Fahrzeughersteller. Wer sich davor drückt, bekommt eine Gnadenfrist. Die entsprechende Begrenzung wird bei der Hauptuntersuchung alle zwei Jahre überprüft. Ohne Limiter ist das Bestehen der HU nicht mehr möglich, es sei denn, man tauscht Fenster und Luken entsprechend aus. Da das Gesetz planmäßig am 1. April 2021 in Kraft treten soll, dürften zwei Jahre später alle Fahrzeuge umgerüstet sein.
Weitere Infos: www.europarl.europa.eu