Aber sicher: Fahrsicherheits-Training für Reisemobil und Caravan

Aber sicher: Fahrsicherheits-Training für Reisemobil und Caravan

5. April 2020 Aus Von Gerhard Prien

Klaus ist sichtlich enttäuscht. Da ist er gerade ziemlich brutal in die Eisen gegangen, hat mit brachialer Verzögerung das von ihm gesteuerte Caravan-Gespann zum Stillstand gebracht. Doch aus dem Lautsprecher des Funkgeräts in der Ablage des von ihm gesteuerten Zugfahrzeugs tönt es: „Das wäre mehr drin gewesen“.

(Foto: CIVD)

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Wir sind auf dem auf einem Trainingsgelände. Und der Sicherheitstrainer redet Klartext. „Das geht eindeutig noch besser“, gibt er Klaus mit auf den Weg, als der sich wieder hinter anderen Caravan-Gespannen und Reisemobilen einreiht. Zur nächsten Runde. Den so genannten „Bremsschlag“ will der Instruktor sehen, so perfekt wie möglich ausgeführt. In der Theorie klingt das alles ganz einfach und unkompliziert. „Lenkrad ganz fest halten, mit aller Kraft auf die Bremse und, bei Schaltwagen, gleichzeitig die Kupplung treten“. Easy – zumindest theoretisch.

Unterschied zwischen Theorie & Praxis

In der Praxis brauchen Klaus und die anderen Kursteilnehmer aber doch einige Runden auf dem Übungsplatz, bis sie die Übung einigermaßen beherrschen und der Bremsschlag sitzt. So dreht die bunt gemischte Truppe eine Runde nach der anderen und übt das richtige Bremsen für den Ernstfall. Der tritt zwar bei Caravans und Reisemobilen eher selten auf, rein statistisch gesehen sind schwere Unfälle mit Freizeitfahrzeugen eher selten. Aber etwas Übung kann nicht schaden, um auf Gefahrensituationen vorbereitet zu sein.

Hoher Schwerpunkt bei Reisemobilen

(Foto: CIVD)

(Foto: CIVD)

Bei Freizeit-Fahrzeugen ist das Fahrverhalten schon etwas gewöhnungsbedürftig. Schließlich fährt es sich mit einem Wohnmobil oder mit einem Wohnwagen am Haken anders als mit dem vertrauten Pkw. Größe und Gewicht der Mobile – und der dadurch verlängerte Bremsweg – werden oft unterschätzt. Außerdem erschwert der gegenüber normalen Pkw höhere Schwerpunkt schnelles Ausweichen bei plötzlich auftretenden Hindernissen. So kann ein Reisemobil bei zu hohen Kurvengeschwindigkeiten auch eher kippen als ein „normales“ Auto. Und im Fahrverhalten entspricht ein Wohnmobil eher einem Klein-Lkw als einem Pkw. Mit diesem Wissen im Hinterkopf tasten wir uns bei stetig gesteigertem Tempo an den Bremsschlag heran. Übung macht auch hier den Meister.

Richtige Sitzposition ist entscheidend

(Foto: CIVD)

(Foto: CIVD)

Bevor die Instruktoren uns mit den Fahrzeugen auf die Trainingspiste lassen standen diverse Trockenübungen an. Sind Sitz und Rückenlehne richtig einstellen – passt der Abstand zum Lenkrad, wie sieht es mit der Lage des Sicherheitsgurtes aus? Da muss sich der ein oder andere von der lieb gewordenen „liegenden“ Sitzposition verabschieden. Denn: Bequem ist nicht gleich sicher sitzen. Beine deutlich anwinkeln, die Rückenlehne in einem Winkel von etwas mehr als 90 Grad positionieren, die Handgelenke erreichen bei ausgestrecktem Arm den oberen Rand des Lenkrads. So ist es richtig, so hat man genügend Kraft für den Bremsschlag. Der klappt nur, wenn man „voll in die Eisen geht“. Dabei presst man sich automatisch in den Sitz. Wer dabei wegrutscht, weil der ausreichende Halt fehlt, hat beim Bremsvorgang schlechte Karten. Wir sitzen mittlerweile alle richtig, der Bremsschlag klappt immer besser.

Vergleich mit unterschiedlichen Fahrzeugen

Wir trainieren mit unterschiedlichen Fahrzeugen, mit Caravan-Gespannen, mit zum Reisemobil umgebauten Vans, Kastenwagen mit Hochdach und „ausgewachsenen“ Alkoven-Wohnmobilen. Mit den Mobilen geht es weiter, zur nächsten Station. Dort geht es spektakulär zu, wir trainieren jetzt die schnelle Kurvenfahrt. Und damit auch das Beherrschen der schweren Fahrzeuge bei plötzlichem Ausbrechen des Mobils. Da kommt es schon mal zu ungewollten Pirouetten – und lautem Gröhlen der anderen zusehenden Trainierenden.

Kontrolliertes Bremsen bei pendeldem Gespann

(Foto: CIVD)

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Wenn ein Gespann zum Pendeln kommt, muss es wieder stabilisiert werden. Das geschieht durch sofortiges vom Gas gehen und kurzes, aber heftiges bremsen, wenn der Anhänger wieder hinter dem Zugfahrzeug durchschwingt. Wichtig ist es, die Lenkung dabei völlig ruhig zu halten. Eine Gespannstabilisierung wird mittlerweile von immer mehr Caravan-Herstellern angeboten, optional oder in Serie. Ein solches System erkennt bei Gespannen frühzeitig das gefürchtete Schlingern des Caravans und baut es durch gezielte Bremsen- und Motoreingriffe ab. Es ist beeindruckend zu er“fahren“, was die Systeme im Einsatz leisten. Und auch das Herantasten an den Punkt, an dem die Fahrzeuge ausbrechen, ist für den Alltagsbetrieb überaus sinnvoll.

Nicht jedermanns Sache – Einparken

Nächster Punkt: Einparken. Hier machen sich die Abmessungen der Fahrzeuge bemerkbar. Vor allem bei den größeren Mobile, den „Nasenbären“, irritiert viele die fehlende Rücksicht durch teilweise nicht vorhandene Heckfenster. Da wird Einparken dann – ohne Rückfahrkamera – schon recht schwierig. Der Instruktor rät: „Es ist keine Schande, wenn man den Beifahrer aussteigen lässt, zum Einweisen“. Ansonsten gilt: Stärkerer Lenkradeinschlag, dann klappt es auch mit einem größeren Bogen, und der Parklücke.

Knifflig – Rückwärtsfahrt mit Wohnwagen-Gespann

(Foto: CIVD)

(Foto: CIVD)

Noch einen Tick kniffliger ist die anstehende Rückwärtsfahrt mit dem Wohnwagen-Gespann. Und als ob das alleine nicht schon schwierig genug wäre, geht es auch noch durch eine S-Kurve, von rot-weiß-gestreiften Pylonen gesteckt. Dabei ist es – zumindest theoretisch – recht einfach. Denn der Wohnwagen lenkt beim Einschlagen des Caravans in die entgegen gesetzte Richtung. Und mit den Rückspiegeln muss man eben immer fein darauf achten, in welche Ecke nun das Heck des Wohnanhängers läuft. Theoretisch eben. Praktisch ist die Übung für (beinahe) alle Teilnehmer recht knifflig – und die Übung, für die am meisten Zeit gebraucht wird. Millimeterarbeit ist angesagt, mit hoch konzentriertem Gesicht kurbeln die Fahrer an den Lenkrädern. „Abkuppeln und zurück schieben wäre einfacher“, flucht so mancher der Teilnehmer schwitzend.

Wasser simuliert winterliche Verhältnisse

Feucht geht es bei der nächsten Trainingseinheit zu. Auf der nassen Ebene, die eine glatte Fahrbahn simuliert, wird das Bremsen geübt. Das bringt Fahrpraxis für winterliche Straßenbedingungen. Mit unvermutet aufsteigenden Wasserfontänen wird das Ausweichen vor plötzlich auftauchenden Hindernissen geübt – anfangs nicht immer zur Zufriedenheit des Instruktors.

Fazit

Nach einem ereignis- und lehrreichen Tag sind sich alle Teilnehmer einig: Das Training hat was gebracht. Entsprechende Kurse zur sicheren Beherrschung von Reisemobil und Caravan-Gespann bieten verschiedene Automobilclubs und auch die Hersteller von Reisemobilen und Wohnwagen an. Die Preise liegen bei etwa 200 bis 400 Euro, gut investiertes Geld.